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EmpkinS

Forschungsbereiche

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Versorgungsforschung in der Palliativversorgung untersucht die „Wirklichkeit“ der palliativmedizinischen Versorgung. Sie liefert Informationen über Versorgungskonzepte unter Alltagsbedingungen. Damit beantwortet Versorgungsforschung in der Palliativmedizin Fragen, die weder die biomedizinische Grundlagenforschung noch die klassische klinische Forschung beantworten können.

Hierfür sind beispielsweise Daten aus dem Nationalen Hospiz- und Palliativregister, das deutschlandweit versorgungsrelevante Daten aus der Palliativversorgung zusammenführt und an dessen Entwicklung die Palliativmedizinische Abteilung Erlangen entscheidend mitgewirkt hat, unmittelbar nutzbar.

Untersucht werden unter Alltagsbedingungen Netzwerke der Hospiz- und Palliativversorgung, die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) und der Palliativmedizinische Dienst (PMD).

In den Schwerpunkt Versorgungsforschung gehört auch eine Untersuchung über den Einfluss von Schutz- und Isolierungsmaßnahmen im Rahmen der Infektion / Kolonisation mit Multiresistenten Erregern auf die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten, Angehörigen und Personal in Einrichtungen der Palliativversorgung. Darüber hinaus beschäftigt sich die Abteilung unter dem Schwerpunkt Versorgungsforschung auch intensiv mit der Untersuchung der Belastungen und Unterstützungspotentiale pflegender / trauernder Angehöriger.


Projekte in der Versorgungsforschung

 

Klinisch-experimentelle Forschung der Palliativmedizinischen Abteilung beschäftigt sich mit innovativen Ansätzen zur Optimierung der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schwersten Erkrankungen.

Einer der Forschungsschwerpunkte ist Technologie in der Palliativmedizin. Dieser Schwerpunkt wird von der Arbeitsgruppe PallMeT abgebildet. PallMeT steht für Palliativ Medizin Technik und erforscht medizintechnische Innovationen zur nachhaltigen Verbesserung der Versorgung von Palliativpatientinnen und -patienten.

Ein Beispiel ist die Anwendung von Radarwellen. PallMeT erforscht unter anderem die Bioradarinterferometrie: ein Verfahren, das berührungslos und belastungsfrei die Aufzeichnung von mikroskopischen Bewegungen der Körperoberfläche durch verschiedene Materialien hindurch (Bettdecke, Matratze, Bekleidung) in einigen Metern Entfernung ermöglicht. Bioradarinterferometrie wurde auf dem Boden der Sechs-Tor-Radartechnik entwickelt und nutzt das Prinzip der Überlagerung von Wellen (Interferometrie). PallMeT nutzt einen Maschinenlernenden Ansatz um aus der Überlagerung vieler Bewegungen die medizinische bedeutungsvollen zu extrahieren. So ist es uns gelungen, die Pulswelle und die Vibrationen, die durch Herztöne entstehen, an der Körperoberfläche von gesunden Probandinnen und Probanden und Patientenprobandinnen und -probanten abzuleiten. Aktuell sind zehn der zwölf Betten der Palliativstation mit Bioradarsystemen ausgestattet und erlauben nach Aufklärung und Einwilligung der Betroffenen die berührungslose und belastungsfreie Erfassung von Herzschlag und Atmung. Siehe Projekte GUARDIAN, guardiANS, BrainEpPP.

Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung digitaler Technologie und insbesondere künstlicher Intelligenz, um die Erfassung von Beschwerden, die Arbeitsabläufe auf Palliativstationen und die Prädiktion von Krankheitsverläufen zu erleichtern und zu unterstützen. Siehe Projekte PALLADiUM, PalSens.

Arbeitsgruppe:

  • TEAM-X 
  • PallMeT (Vorstellung der Arbeitsgruppe und ihrer Forschungstätigkeit)

Projekte:

Ansprechpartner:
Dr. med. Tobias Steigleder
Tobias.Steigleder(at)uk-erlangen.de

EmpkinS, Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgesellschaft Nr. 1483

Förderer: DFG SFB 1483 EmpkinS; FörderNr.: 442419336; Projektlaufzeit: 01.07.2021 - 30.06.2025

EmpkinS erforscht neuartige radar-, funk-, tiefenkamera- und photonikbasierte Sensortechniken sowie Körperfunktionsmodelle und Algorithmen, mit denen über die berührungslose Erfassung von Bewegungsparametern des Menschen eine Charakterisierung und Bewertung der physiologischen und behavioralen Zustände und Körperfunktionen ermöglicht wird. EmpkinS verfolgt das Ziel, Sensortechnologien und Bewegungsdaten des menschlichen Körpers zu schaffen. Basierend auf diesen Daten völlig neuer Qualität und Quantität wird EmpkinS bahnbrechende Erkenntnisse im Bereich von biomechanischen, medizinischen und (psycho-)physiologischen Körperfunktionsmodellen und Wirkmechanismen sowie den Wechselwirkmechanismen zwischen diesen erarbeiten.

Die Arbeitsgruppe PallMeT der Palliativmedizinischen Abteilung verantwortet ein Teilprojekt der insgesamt 21 Teilprojekte im DFG SFB 1483 EmpkinS

Vorstellungsvideo EmpkinS: 

Ziel

Ziel dieses Teilprojektes ist es, neue Biomarker für Gesundheitszustand, Befinden und Prognose von Palliativpatientinnen und -patienten in den letzten Wochen des Lebens zu erforschen. Mikroskopische Bewegungseffekte des Herzkreislaufsystems und der Atmung sowie makroskopische Alltagsbewegungen der Arme, Beine und des Rumpfes werden als Biomarker untersucht, d. h. messbare Parameter biologischer Prozesse mit diagnostischer oder prognostischer Aussagekraft. Gesundheitszustand, Befinden und Prognose spiegeln sich in Organ- und Körperfunktionen, die zu Bewegungseffekten und deren Veränderungen im Verlauf führen, wider. Dieser Zusammenhang wird erstmalig bei Palliativpatientinnen und -patienten systematisch wissenschaftlich erforscht. Hierfür werden qualitative und quantitative Daten aus klinischer Beobachtung, etablierter (Motion-Capture-Verfahren) und experimenteller Sensorik (Tiefenkamera, Mikrowelleninterferometrie) sowie später empathokinästhetische Sensorik zusammengeführt. Ausgehend davon werden diagnostische und prädiktive Zielgrößen definiert, prospektiv evaluiert und berührungslos erfasst, um – auch bei kognitiven Einschränkungen – neuartige Möglichkeiten zu schaffen, wie Gesundheitszustand, Befinden und Prognose bestimmt werden können.

Die Palliativabteilung betreut Menschen mit verschiedenen Erkrankungen (v. a. Krebs-, Herzkreislauf - sowie neurologische Erkrankungen). Der natürliche Krankheitsverlauf wird in aller Regel medizinisch nicht mehr beeinflusst und 65 % der Patientinnen und Patienten versterben während des Aufenthaltes. Gesundheitszustand, Befinden und Prognose von Palliativpatientinnen und -patienten werden im klinischen Alltag bis heute mittels unstrukturierter, subjektiver Beobachtungen eingeschätzt. Behandler und Behandlerinnen erleben nur momentane, oft nicht repräsentative Ausschnitte; die Einschätzung hängt von Erfahrung sowie Konnotation ab (augenfällige Merkmale können über- und subtile Aspekte unterschätzt werden). Objektive und quantifizierbare Parameter fehlen für die letzte Lebensphase. Kardiorespiratorische Parameter, die in diesem Projekt mittels berührungsloser Erfassung von Mikrobewegungen abgeleitet werden sollen, werden im palliativmedizinischen Kontext nur punktuell erfasst (klinische Untersuchung, Auskultation, Pulszählen). Für die in der klinischen Beobachtung häufig genutzten Makrobewegungen existieren weder objektive Parameter noch Messtechnik. EmpkinS wird einen innovativen Beitrag liefern, der helfen wird, die Behandlungs- und Lebensqualität Schwerkranker und Sterbender entscheidend zu verbessern, indem sich therapeutische Entscheidungen auf umfassenderes Fallwissen stützen können.
Zunächst werden mit qualitativer und quantitativer Methodik Zielbewegungen im Sinne von Bewegungen als Biomarker (BeBioM) abgeleitet. Physiologische und simulierte pathophysiologische Grundlagen zur Auswirkung von Gesundheitszustand und Befinden (z. B. Stress) auf BeBioM sowie deren technische Erfassung werden an gesunden Probanden und Probandinnen im standardisierten Laborsetting (EmpkinSLab) und im autonomen Satellitenlabor, in dem kürzlich die Mikrowelleninterferometrie gemeinsam mit der TUHH entwickelt und wissenschaftlich evaluiert wurde, erforscht (GUARDIAN). Der Transfer zu Patientinnen und Patienten erfolgt auf der Teilen der Palliativstation als Living Lab für EmpkinS.

In aufeinander aufbauenden Prozessen zwischen EmpkinS- und Satellitenlabor sowie Living Lab werden die folgenden wissenschaftlichen Fragestellungen grundlegend erforscht: lassen sich Mikro- und Makrobewegungen als Zielbewegungen für Gesundheitszustand, Befinden und Prognose bestimmen und können mit geeignet ausgestalteter Sensorik, insbesondere empathokinästhetische Sensorik objektiv, quantifizierbar, berührungslos und belastungsarm erfasst werden. Die empathokinästhetische Modellbildung verfolgt PallMeT gemeinsam mit technischen Partnern. Die beschriebene, innovative, medizintechnische Diagnostik mit berührungslosem, kontinuierlichen Monitoring stellt spezifische Anforderungen an EmpkinS aus ethischer, legaler und sozialer Perspektive (ELSI) sowie bzgl. der Mensch-Technik- und den potenziellen Auswirkungen auf die Mensch-Mensch-Interaktion, sodass PallMeT mit umfänglicher spezifischer Vorerfahrung einen eigenen sozialwissenschaftlichen Forschungsanteil im Kontext ELSI verantwortet. Dies dient als Reflexionsfläche für Fragen der Anwendung sowie als Instrument zur Sicherung der Prozessqualität, indem die Studiendurchführung als auch die Anwendung aus sozialwissenschaftlicher Sicht begleitet wird. Damit können ggf. auch divergente Forschungserfolge der drei Bereiche Gesundheitszustand, Befinden und Prognose kompensiert werden. Die Erforschung der neuartigen Biomarker für Gesundheitszustand, Befinden und Prognose von Palliativpatientinnen und -patienten aus mikroskopischen und makroskopischen Bewegungen stellen den zentralen Forschungsaspekt des TPs dar. Während Förderperiode 1 von EmpkinS sich auf bettlägerige Patientinnen und Patienten fokussiert, soll in Förderperiode 2 erforscht werden, welche beschreibende und prädiktive Bedeutung die Bewegung im Raum (mikroskopisch z. B. Pulswellengeschwindigkeit nach Aufstehen; makroskopisch z. B. Aufstehen, Gehen, Dreh- und Wendebewegungen) für Gesundheitszustand, Befinden und Prognose hat. Weitere Aspekte des Befindens (Angst, Schmerz, Übelkeit) sollen mit dem EmpkinS-Ansatz erforscht werden. In Förderperiode 3 soll Befinden weiter differenziert werden, um eine autonome Differenzierung verschiedener Symptome zu realisieren (z. B. Angst gegen Delir, Schmerz gegen Luftnot). Ebenfalls soll die individualisierte Vorhersage kurzfristiger Komplikationen (z. B. kardiale oder respiratorische Dekompensation) erforscht werden.

Ansprechpartner:
Christoph.ostgathe(at)uk-erlangen.de (Leiter der Abteilung)
Maria.heckel(at)uk-erlangen.de (Leiterin der Forschungsabteilung)
Tobias.steigleder(at)uk-erlangen.de (Leiter der Arbeitsgruppe PallMeT)

Beteiligte Einrichtungen:

Lehrstühle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und ihres Universitätsklinikums:
Lehrstuhl für Digitale Übertragung (IDC), Erlangen
Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie (GESPSY), Erlangen
Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (LHFT), Erlangen
Lehrstuhl für Informatik 9 (Graphische Datenverarbeitung) (LGDV), Erlangen
Lehrstuhl für Informatik 14 (Maschinelles Lernen und Datenanalytik) (MaD), Erlangen
Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie (KliPs), Erlangen
Lehrstuhl für Konstruktionstechnik (KTmfk), Erlangen
Lehrstuhl für Multimediakommunikation und Signalverarbeitung (LMS), Erlangen
Lehrstuhl für Palliativmedizin, Palliativmedizinische Abteilung (PALL), Anästhesiologische Klinik Erlangen
Lehrstuhl für Systematische Theologie II (Ethik), Erlangen
Lehrstuhl für Technische Dynamik (LTD), Erlangen
Lehrstuhl für Technische Elektronik (LTE), Erlangen
Lehrstuhl für Innere Medizin 3 - Rheumatologie und Immunologie (Med3), Erlangen
Lehrstuhl für Neurologie, Molekular-Neurologische Abteilung (MN), Erlangen

Weitere beteiligte Institutionen:
Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Hochfrequenztechnik (IHF), Hamburg
Universität Bayreuth (UBT), Lehrstuhl für Kommunikationselektronik (LKE), Bayreuth
Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS), Arbeitsgruppe Digital Health Pathways, Erlangen