5 Jahre Festschrift Palliativmedizin

79 Patienten von den Angeboten der spezialisierten Palliativmedizin profitieren. Eine weitere Vision ergibt sich durch die Tatsache, dass es nicht sel- ten sehr herausfordernd ist, unsere Patienten nach Stabilisierung weiter zu verlegen, z. B. wenn eine Versorgung zu Hause nicht möglich ist, in eines der umliegenden stationären Hospize (Er- langen, Nürnberg). Herausfordernd deshalb, weil es zum einen für Patienten in ihrer existenziellen Lebenssituation schwer ist, den Ort, an dem sie sich nun sicher und geborgen fühlen, wieder zu verlassen und zum anderen, weil die stationären Hospize auch noch nicht ausreichend Plätze zur Verfügung haben, dass alle Anfragen zeitnah zur Aufnahme führen können. Meine Vision wäre es, als erstes Universitätsklinikum in Deutschland ein universitäres stationäres Hospiz unter dem Dach der Palliativmedizinischen Abteilung zu eröffnen und somit unser Angebot komplemen- tär zu ergänzen. Dies würde auch innovative Forschung und Lehre für den Bereich Hospiz möglich machen. Das Uni-Klinikum Erlangen wä- re die erste universitäre Einrichtung in Deutsch- land, die einen umfassenden Behandlungs- und Betreuungsbogen von der Geburt bis zum Ster- ben unter einem Dach vereinen könnte. Auch die Bereiche Forschung und Lehre sollen sich weiterentwickeln. Hier sollen in Zukunft in- terne und externe Kooperationen gestärkt wer- den. Es wäre auch sinnvoll, in die klinischen Stu- dien der anderen Fachabteilungen, die auch For- schungen schwerkranker Patienten durchfu hren, noch stärker als bisher palliativmedizinische Fra- gestellungen zu integrieren. Die bestehenden Netzwerke, wie beispielhaft die BMBF-geförderte „M-endoL“-Kooperation oder das Emerging-Field- Projekt „Human Rights in Health Care“, könnten zu DFG-Forschergruppen ausgebaut werden. Darüber hinaus ist an der FAU so viel klinische und wissenschaftliche Kompetenz zum Thema Altern gebündelt, dass hier auch ein Sonderfor- schungsbereich denkbar wäre. Neue Netzwerke sind gegenwärtig im Aufbau; so entsteht zurzeit eine Kooperation zwischen der Palliativmedizin und dem Lehrstuhl für Technische Elektronik, bei dem über den Einsatz berührungsfreier Überwa- Dem Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt wird das Bonmot nachgesagt „Wer eine Vision hat, sollte zum Arzt gehen“. Dennoch möchte ich am Ende dieses rückblickenden Buches versuchen, visio- när nach vorne zu schauen. Eine wesentliche Aufgabe für die nächsten Jahre wird es sein, zum einen das in allen Bereichen Erreichte zu konsolidieren und auszubauen. Hier- für ist für den klinischen Bereich anzustreben, dass es bei jedem Patienten mit einer fortge- schrittenen Erkrankung Standard wird, zu über- prüfen, ob Bedarf für spezialisierte Palliativver- sorgung vorliegt. Hier werden wir in Zukunft In- strumente entwickeln, die es den Kollegen er- leichtern, diesen Bedarf zeitnah in der Routine zu erfassen. Dadurch kann Palliativmedizin analog der aktuellen Empfehlungen der American So- ciety of Clinical Oncologists (ASCO) in Zukunft frühzeitig in den Erkrankungsverlauf integriert werden. Dies gilt aber nicht nur für die Patienten mit einer Tumorerkrankung, sondern auch selbst- verständlich für Menschen mit anderen schwe- ren Krankheiten (u. a. neurologische Erkrankun- gen, Herz- und Lungenerkrankungen). Letztere machen heute schon 25 % unserer Patienten auf der Palliativstation aus (Bundesdurchschnitt <10 %). International wird von einem Anteil von ca. 40 % ausgegangen; eine solche Entwicklung erwarte ich auch für die nächsten Jahre für unse- re Abteilung. Das frühzeitigere Erkennen des Palliativbedarfes und die Ausweitung der behan- delten Diagnosegruppen kann nur bewerkstelligt werden, wenn es zu einer Ausweitung der Struk- turen kommt. Die Erweiterung der Palliativstation von zehn auf zwölf Betten wurde schon vom Klinikumsvorstand und vom Planungsausschuss für Universitätsklinika in Bayern gebilligt; der Um- und Ausbau soll zeitnah erfolgen. Der Bedarf – auch vor dem Hintergrund der zukünftigen demo- grafischen Entwicklung – für Palliativbetten am Universitätsklinikum Erlangen liegt aus meiner Sicht mittelfristig bei 20 – 24 Betten. Eine Ver- dopplung der Kapazitäten des Palliativmedizini- schen Dienstes ist auch angezeigt. So könnten am Uni-Klinikum Erlangen jährlich mehr als 2.000 Visionen 2015 Christoph Ostgathe

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