5 Jahre Festschrift Palliativmedizin

31 Palliativmedizinische Hochschulambulanz Tobias Steigleder Ein wichtiges Ziel unserer Behandlung ist es, den Patienten und Angehörigen den Aufenthalt in deren gewünschtem Umfeld zu ermöglichen. Dies hat uns bewogen, eine Palliativmedizinische Hoch- schulambulanz einzurichten. Diese dient als niedrigschwelliges Angebot für alle Patienten und Angehörigen mit einem palliativmedizinischen Behandlungs- und Beratungsbedarf. Zur Umsetzung dieses Vorhabens war es notwen- dig, geeignete Ressourcen zur Verfügung zu stel- len. Jedoch galt es zunächst, hierfür einen Raum zu finden. Zu unserem großen Glück fand sich noch ein Kämmerlein auf unserer Station, das grundsätzlich bereit war, neuen Aufgaben zu die- nen. Der Weg hinein und hindurch war beschwer- lich. Es standen Körbe mit ausgedienten Telefonen und Patientenmeldeanlagen herum, Schrankbö- den, die in keinen Schrank der Abteilung pass- ten, Plastikfächer und -körbe eines Materialver- waltungssystems, das am Universitätsklinikum keine Verwendung fand, alte Bilder mit zweifels- ohne liebevoll gestalteten, aber ungewollt surre- alen Naturdarstellungen, Matratzen, OP-Lampen, Absauggeräte, Sonnenschirme, Klappbetten und vieles mehr. Gelang einem die Expedition auf die andere Seite des Raumes, wurde man zunächst nicht belohnt. Bei dem Blick aus dem Fenster sah man auf einen überdachten Balkon, der Generationen von Tauben als Zufluchts- und Brut- ort gedient hatte und wirkte wie die Guanofelsen vor der namibischen Küste. Innen wie außen begannen daraufhin unsere Instandsetzungsarbeiten. Überflüssiges Material wurde entfernt, wichtige Gegenstände platzspa- rend in einem Materialraum gelagert. Ein Raum- konzept wurde entworfen, das zwei Arbeitsplätze vorsah, einen Ort zur klinischen Untersuchung und eine kleine Sitzecke für Patienten- und Ange- hörigengespräche. Die Außenanlage wurde gerei- nigt und bis zum Einzug eines Taubenschutznetzes vor dem Balkon waren wir versucht, die Vertrie- benen in ihrer Motivation, ihren angestammten Platz wieder einzunehmen, mit improvisierten Wasserwerfern aus Perfusorspritzen zu verjagen. Die Einrichtung der Hochschulambulanz erfolgte dann im Jahr 2013. Selbst innerhalb unserer Ab- teilung bedurfte es einiger Zeit, bis die Möglich- keit einer vorstationären oder nachstationären Einbestellung oder die Vorstellung im Sinne eines stationsersetzen- den Aufenthaltes sich in der Behandlungspla- nung etablierte. Unsere Erfahrungen mit den Betroffenen, die sich in unserer Hochschulam- bulanz vorstellten, wa- ren bisher durchweg po- sitiv. Wir hatten die Ge- legenheit, einen persönlichen Kontakt zu den Patienten und Angehörigen in einer sehr frühen Phase der Erkrankung herzustellen, ein Vorgehen, das der Empfehlung der onkologischen Fachgesell- schaften national und international zur frühen Integration der Palliativmedizin in ein umfassen- des onkologisches Behandlungskonzept entspricht. Die Betroffenen wiederum berichteten oftmals, dass ihnen die Aufklärung über alternative Be- handlungsmöglichkeiten und Therapieziele sehr viel Sicherheit gegeben habe, ganz unabhängig davon, welchen Weg sie im Weiteren gegangen sind. Seit Eröffnung haben wir insgesamt ca. 100 Pa- tienten und ggf. deren Angehörige beraten und behandelt. Die Patienten und Angehörigen brach- ten die verschiedensten Anliegen mit. Ein Teil der Patienten stellt sich auch regelmäßig in unserer Hochschulambulanz zu einer bestimmten Be- handlung wie zum Beispiel der spasmolytischen Behandlung durch Botulinumtoxin vor. Ebenfalls konnten wir unser ambulantes Angebot um die Betreuung durch weitere Berufsgruppen erwei- tern. Ambulanztermine sind sowohl für sozial- rechtliche Fragen als auch psychologische und physiotherapeutische Behandlung möglich. Die Palliativmedizinische Hochschulambulanz steht noch am Anfang ihrer Entwicklung, im Jahr 2015 ist es Ziel der Palliativmedizinischen Abteilung die Hochschulambulanz im Uni-Klinikum und bei den niedergelassenen Kollegen bekannter zu machen. Angesichts des erheblichen Bedarfs an speziali- sierter Palliativversorgung, dem häufigen Wunsch eine längstmögliche häusliche Versorgung zu ge- währleisten und des logistischen Vorteiles, eine Hochschulambulanz in dem Ballungsraum der Städte Erlangen, Nürnberg und Fürth anzubieten, stellen die Einrichtung und der Ausbau einer Hochschulambulanz in unserer sebstständigen Abteilung einen notwendigen und für die Betrof- fenen segensreichen Entwicklungsschritt dar.

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